Religion

Der Heilige Gral

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Jesus ist in der Türkei

 

Der Heilige Kelch, über dessen Aufenthaltsort sich nach dem Erscheinen des Buches (Da Vinci Code) zahllose Vermutungen verbreitet hatten, soll sich in einer Kirche in Antakya (das alte Antiochien) in der Türkei befinden. Zum Reichtum des vieltausendjährigen anatolischen Kulturschatzes hat auch das Christentum mit seinen Gaben beigetragen. Nicht nur, dass sich das Christentum in seiner Frühzeit in Anatolien ausbreitete, hier gewann es auch im Wesentlichen seine organisatorische Gestalt. Selbst als die muslimischen Türken nach Anatolien eingewandert waren, konnten die Christen mit ihren Kirchen,  Klöstern und Gemeinden weiterleben.

 

Der Archäologe Josef Naseh, Vorsitzender der Stiftung der Orthodoxen Kirche in Antakya, sucht     gemeinsam mit vier Freunden den Kelch, von dem Jesus Christus sagte: „Mein Leib und mein Blut sind
in diesem Kelch.“ Naseh verteidigt die These, dass der Heilige Kelch, der nach dem Erscheinen von Dan BrownÂ’s Buch „Da Vinci Code“ auf der ganzen Welt zum Tagesgespräch wurde, in der nach Jerusalem zweitheiligsten Stadt, Antakya, befindet. Nach der Veröffentlichung des Buches „Da Vinci Code“, das Verkaufsrekorde brach, gibt es kaum noch jemanden, der die Geschichte des Heiligen Kelches nicht kennt. Es wurde behauptet, der Kelch sei in Italien, in England, in Kanada, einer weiteren Behauptung zufolge sollte er sich in Istanbul, unter Çemberlita (Verbrannte Säule) befinden. Seit Neuestem kursiert das Gerücht, dass sich der Heilige Kelch in Antakya, Hatay, befindet. Der Archäologe Josef Naseh, Vorsitzender der Stiftung der Orthodoxen Kirche in Antakya, unterstreicht die Wichtigkeit der Stadt Antakya als die nach Jerusalem zweitwichtigste Heilige Stadt und sagt:

 

„Antakya ist die zweitwichtigste Heilige Stadt nach Jerusalem. Nach Jesu Tod sind die Jünger hierher gekommen. Die Mutter Gottes ist von hier nach Ephesus gereist. Sicherlich haben sie den Heiligen Kelch mitgebracht, weil Jesus Christus über den Kelch sagte: ‚Mein Leib und mein Blut sind in diesem KelchÂ’.“ Nach Aussage von Naseh sind die Annahmen von Leonardo da Vinci auf die Zeit nach der Renaissance ausgerichtet und nicht sehr realistisch, denn in den Jahren davor, in denen der Kelch versteckt wurde, gab es im Westen keine Kultur zur Aufbewahrung einer solchen Reliquie.

 

Als das Christentum in Palästina geboren wurde, wetteiferten im Vorderen Orient östlicher Mystizismus, jüdische Messiaserwartung, griechische Philosophie und römische Universalität miteinander. In diesem Umfeld entwickelte sich das Christentum, in dem Jesus die frohe Botschaft vom nahen Reich Gottes und vom Tag der Abrechnung verkündete. Aufgrund dieser Hoffnung sammelten sich um ihn viele aufrichtige und reine Menschen. Doch das Christentum konnte in Palästina, wo es entstanden war, keine Wurzeln schlagen. Nachdem Jesus gekreuzigt, Stephanus gesteinigt und Jakobus enthauptet worden war, erschien den Gläubigen das Bleiben als recht gefährlich und sie beschlossen, in andere Länder zu gehen, um den neuen Glauben zu verbreiten. Aber nicht nach Rom oder Athen, sondern nach Anatolien machten sich die Jünger in kleineren und größeren Gruppen auf. Sie wählten Antakya (das alte Antiochien), Tarsus und Ephesos. Dorthin wanderte der Lieblingsjünger Johannes aus, dem Jesus am Kreuz seine Mutter Maria anvertraut hatte. Besonders Antakya spielt in der Geschichte des Christentums eine wichtige Rolle, denn hier war die erste christliche Gemeinde gegründet worden, die mit dem Judentum gebrochen hatte; es war ein großes Missionszentrum entstanden, und schließlich vollzog hier Paulus seine endgültige Bekehrung und Entwicklung. Zu der Zeit schloss sich Paulus aus Tarsus den Jüngern an. Zuerst hatte er an der Verfolgung der Jesusjünger teilgenommen. Etwa im Jahre 33 überzeugte ihn eine Vision davon, dass Jesus der Messias sei, und nun wurde er einer der entschiedensten Verteidiger des neuen Glaubens. Er verkündigte mit Nachdruck die Wahrheit, dass alle Menschen gerettet würden durch den Glauben an Jesus, den Gesalbten Gottes, ohne dass die Beschneidung oder die (jüdischen) Religionsvorschriften notwendig seien. Die erste Missionsreise führte ihn (zwischen 45 – 48) nach Zypern und Anatolien. Dabei begleiteten ihn Barnabas und Markus, die Evangelisten. Paulus predigte in Anatolien, im heutigen Antalya, Konya und Nigde und in den Städten Perge, Ikonium, Lystra und Derbe. Dort entstanden neue christliche Gemeinden.

 

Zwischen 50 und 52 unternahm Paulus, wieder ausgehend von Anatolien, eine zweite Missionsreise zu den Heiden. Mit ihm waren Silas und Timotheus und anfangs auch noch Lukas und Barnabas. Zuerst besuchte der Apostel die Gemeinden um Nigde und Konya herum. Dann, nachdem er Phrygien und Galatien hinter sich gelassen hatte, ging er nach Thrakien, Makedonien und Griechenland hinüber. Über Ephesos und Jerusalem kehrte er nach Antiochia zurück.

 

Paulus machte noch eine dritte Missionsreise (53 – 58). Nachdem er wieder die Gemeinden in Galatien und Phrygien besucht hatte, blieb er drei Jahre lang in Ephesos. Dort gab es schon eine christliche Gemeinde, die wahrscheinlich von Johannes begründet worden war. Johannes hielt sich, wie man weiß, im Jahre 48 in Jerusalem auf. Wo er die Zeit zwischen den Jahren 37 und 48 verbracht hatte, ist unbekannt. Man nimmt an, dass er mit Maria nach Ephesos ausgewandert sei, von dort im Jahre 48 nach Jerusalem gereist und im Jahre 67 wieder nach Ephesos zurückgekehrt sei. Paulus musste Ephesos wegen des Aufstandes der Silberschmiede unter Demetrius verlassen, die durch die Ausbreitung des Christentums das Geschäft mit silbernen Artemistempelchen gefährdet sahen. Der Apostel starb im Jahre 67 in Rom durch Enthauptung.

 

Paulus hat seine religiösen Schriften und Briefe im Wesentlichen auf anatolischem Boden verfasst, wie z.B. den ersten Korintherbrief. Auch die Empfänger waren oftmals Gemeinden in Anatolien, wie z.B. die Epheser, denen er aus dem Gefängnis in Rom schrieb. Auch Petrus schrieb seinen ersten Pastoralbrief an die verfolgten Christen in Anatolien. Johannes, der für die Verbreitung des Christentums eine wichtige Rolle gespielt hat, ist eines natürlichen Todes gestorben. Sein Grab befindet sich in Selçuk bei Ephesos. Über der Grabstätte war zuerst eine bescheidene Kirche errichtet worden, die dann unter Kaiser Justinian durch eine prächtige Basilika ersetzt wurde. Johannes wendet sich in seiner „Geheimen Offenbarung“ an die sieben Gemeinden Anatoliens

 

Kelch aus Keramik

 

Naseh hat mit vier Freunden – unter denen ein Geophysiker – begonnen, nach dem Heiligen Kelch zu suchen und behauptet, ihre Theorie sei glaubhafter als die zuvor vertretenen. Nach Naseh besteht der Heilige Kelch nicht aus Gold, Silber oder einem anderen Metall, sondern aus Keramik. Die archäologischen Funde der Zeit würden dies belegen.

 

Die neu gefundene Kirche

 

Nachdem vor drei Jahren eine Toilette im Erdgeschoß eines Hauses in Antakya drei Meter absackte, traten Reste einer Kirche zutage, die die Suchergruppe in helle Aufregung versetzten. Naseh ist zuversichtlich, den Heiligen Kelch in dieser Kirche zu finden, die alle architektonischen Merkmale einer christlich-orthodoxen Kirche trägt. Nach der Erteilung der notwendigen Erlaubnis seitens des Kultusministeriums werden die Studien in der Kirche beginnen. Die Gruppe wird am 21. April in Antakya zusammenkommen und den Arbeitskalender bestimmen. Eine der ersten Arbeiten wird eine fotogrammetrische Studie sein, d.h. das Fundament der gefundenen Kirche wird geröntgt. Entsprechend der daraus gewonnenen Erkenntnisse werden die Ausgrabungsarbeiten beginnen. Nach NasehÂ’s Aussage steht auch der Gouverneur von Hatay, Abdulkadir Sari, dieser Forschungsarbeit positiv gegenüber.

 

Was ist die Bedeutung dieses Kelches

 

Nach christlichem Glauben ist dieser Kelch der, aus dem Jesus beim Letzten Abendmahl Wein trank. Bei der Kommunionszeremonie teilen die Christen das in Wein getauchte Brot mit ihren Priestern, um das Letzte Abendmahl seelisch nachzuvollziehen. Einer anderen Deutung zufolge ist der Heilige Kelch das Gefäß, in dem das Blut Jesu gesammelt wurde, als er ans Kreuz genagelt wurde. Eine weitere Deutung dieses meistgesuchten Stückes nach dem Erscheinen von Dan BrownÂ’s Buch „Da Vinci Code“ ist die Weiblichkeit von Maria Magdalena, der angeblichen Geliebten Jesu. Manche behaupten, dass der Heilige Kelch die Fruchtbarkeit Maria Magdalenas symbolisiert und versuchen, die Fährte der Nachkommen Jesu aufzunehmen.  (Ayda KAYAR/DHA)

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