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Abhängen von Kreuzen und die Sündenböcke

The Scapegoat (Der Sündenbock) William Holman Hunt (1854)
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Die Mehrheit  hat überhaupt kein Problem mit dem Kruzifix in Krankenhäusern!

Das Abhängen der Kreuze im skandalumwitterten KH Nord löst heftige Diskussionen aus.

Es hat keine 15 Minuten gedauert bis führende FPÖ-Politiker ausgerückt sind und diese Entscheidung des Direktoriums des KH Nord mit dem Einknicken vor den muslimischen Zuwanderern verknüpfte.

Die Diskussion um das Abhängen der Kreuze hat sehr viel mehr mit den eigenen Glaubensgrundsätzen, dem inneren Zustand der Gesellschaft und der Kirche zu tun als mit muslimischen Mitbürgern in Österreich.

Im Gegenteil, insbesondere der Großteil der muslimischen Mitbürger suchen gerne von christlichen Orden geführte Krankenhäuser auf, weil dort der Mensch im Mittelpunkt steht und nicht die Herkunft oder Zugehörigkeit. Dafür danken wir als TKG auch herzlich.

Das muslimische Mitbürgerinnen ein Problem mit dem Kruzifix haben, möge für einige wenige Ausnahmen gelten, jedoch die Mehrheit hat überhaupt kein Problem mit dem Kruzifix in Krankenhäusern, Gerichten oder Schulen. Die Muslime achten Jesus (Friede sei auf ihm) und seine Mutter Maria sehr. „Friede sei mit mir an dem Tag, wo ich geboren bin, an dem Tag, wo ich sterbe und an dem Tag, wo ich wieder auferstanden werde.“ Mit diesen Worten gibt der Koran das Wort Jesu und seine Botschaft des Friedens wieder (Koran,  Sure 19, Vers 33).

Der Glaube Jesus Gott eint Muslime, Christen und genauso Juden, der Glaube an Jesus als Gott trennt Muslime und Juden gegenüber Christen.

Die Politik und manche Politiker generalisieren und skandalisieren gerne einzelne Fehlverhalten, um politisches Kleingeld daraus zu schlagen, jedoch den Grund für das Abhängen von Kreuzen in Krankenhäusern den in Österreich lebenden Muslimen umzuhängen, ist ein populistischer sowie leicht durchschaubarer Versuch – von anderen Bereichen des öffentlichen Lebens – abzulenken.

Wenn die Verwurzelung der österreichischen Gesellschaft im Christentum aufgeweicht wird, dann sollte man sich auf die Suche nach den tieferen Gründen dafür begeben und nicht unschuldige Mitbürger zum Sündenbock abstempeln, um die wahren Beweggründe zu vernebeln.

Die Muslime für die Ohnmacht, Enttäuschung und Empörung sowie die eigene Orientierungslosigkeit in Fragen des christlichen Glaubens und das öffentlichen Leben in Österreich verantwortlich zu machen, verschärft nur die Spannungen in der Gesellschaft. Durch Schuldzuweisungen löst man keine Probleme in Österreich. Für das Abhängen der Kreuze in öffentlichen Einrichtungen sind nicht die Muslime oder andere Angehörige von anderen Religionsgemeinschaften verantwortlich, sondern einzig und allein manche politische Parteien, welche versuchen ihre Vorstellungen von einer religionsfreien Gesellschaft durchzusetzen.

Wir als Türkische Kulturgemeinde in Österreich (TKG) sind nicht nur ein unabhängiger Think Thank, sondern auch säkulare Verfassungspatrioten.

Wir setzen uns im öffentlichen Bereich für die Trennung von Staat und Religion ein, jedoch treten wir entschieden gegen jede Form der Diskriminierung von Religionen und Gläubigen, entgegen. Die TKG ist gegen die Politisierung und den Missbrauch der Religionen. Der politischen Instrumentalisierung, jeglicher Religionen tritt die TKG entschieden entgegen.

Säkularität ist in einer rechtsstaatlichen Demokratie, wo Gewaltenteilung funktionieren soll, so essentiell, wie Sauerstoff für unser Leben. Das ist das Wichtigste, denn das schützt die Gläubigen und die Nichtgläubigen. Säkularismus bedeutet für uns Türken aber nicht, wie viele annehmen, immer Religion und weltliche Angelegenheiten voneinander zu trennen.

Säkularismus heißt für progressive Türken , die Legitimation der Herrschenden beziehungsweise Regierenden nicht auf Gott oder religiöses Recht zu gründen, sondern auf den Willen des Volkes durch Demokratie und Rechtsstaatlichkeit. Als mit Vernunft ausgestattete, mündige Bürger sollten wir den Unterschied zwischen Moral und ethisches Handeln sowie Religion erkennen. Wir,  wissen aus Erfahrung, dass zwischen moralischem Handeln und Religiosität kein unmittelbarer Zusammenhang besteht. Unser Glaube ist unsere Privatsache. Der Staat sollte besonders bim öffentlichen Bereich gegenüber jedem Bürger, egal welcher Religion, Nation, Geschlecht oder politischer Ansichten, absolut objektiv sein. (TKG, Wien, 4.Februar.2020)

Türkische Kulturgemeinde in Österreich ( TKG)

Bild: The Scapegoat (Der Sündenbock) William Holman Hunt (1854)

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