Zum Zweck der historischen Aufzeichnung
Der Scharia-Schiedsspruch der LG Wien widerspricht der österreichischen Verfassung!
Wien (OTS) – Der TKG-Wunsch gemäß § 611 Abs. 2 Z 8 ZPO ist die Aufhebung des Schiedsspruchs (47 R 65/25v, 47 R 66/25s) wegen Verstoßes gegen den „ordre public” durch Anwendung der Scharia.

Vor allem zu Zwecken der historischen Aufzeichnung möchten wir hier aber folgende Argumente vorbringen bzw. manifestieren, warum wir gemäß § 611 Abs. 2 Z 8 ZPO einen Antrag auf Aufhebung des Schiedsspruchs (47 R 65/25v, 47 R 66/25s) wegen Verstoßes gegen den „ordre public” durch Anwendung der Scharia wünschen.
Hier ist die Begründung der Wünsche des TKG
1. Verstoß gegen den ordre public (§ 611 Abs. 2 Z 8 ZPO). Unvereinbarkeit mit § 611 ZPO.
Die Anerkennung eines Schiedsspruchs, der sich ausschließlich auf Prinzipien der Scharia stützt – ein religiös motiviertes, außerhalb der österreichischen Rechtsordnung stehendes Normensystem – stellt einen gravierenden Verstoß gegen den österreichischen ordre public dar.
Die Anwendung von § 611 ZPO auf Scharia-Schiedssprüche führt zu einer rechtlichen Inkohärenz, da dadurch faktisch die Anerkennung eines parallelen Rechtssystems erfolgen würde. Dies ist weder mit der österreichischen Verfassung noch mit der EMRK vereinbar. Der Schutz der öffentlichen Ordnung (ordre public) verbietet gemäß § 611 Abs. 2 Z 8 ZPO die Anerkennung solcher Schiedssprüche.
Ein Schiedsspruch ist gemäß § 611 Abs. 2 Z 8 ZPO nicht anzuerkennen, wenn dessen Anerkennung gegen die öffentliche Ordnung („ordre public“) verstoßen würde. Die Anerkennung eines Scharia-Schiedsspruchs verletzt die öffentliche Ordnung in Österreich, untergräbt das säkulare Fundament der österreichischen Verfassung sowie die Prinzipien der Gewaltenteilung und der Rechtssicherheit.
Die Billigung eines solchen Schiedsspruchs durch ein staatliches Gericht legitimiert ein paralleles Rechtssystem, welches gegen die EMRK, das österreichische Staatsgrundgesetz und die Trennung von Religion und Staat verstößt, und macht es salonfähig.
2. Keine Anwendung von § 611 ZPO auf Vereinbarungen außerhalb des staatlichen Rechtsrahmens
§ 611 ZPO regelt die Anerkennung und Vollstreckung von Schiedssprüchen im Rahmen der staatlichen Rechtsordnung. Gibt es eine staatliche Rechtsordnung für islamische Scharia-Vereinbarungen, die wie in der katholischen Kirche durch den Vatikan als päpstliche Hoheitsgewalt de jure verbindlich für alle Katholiken ist, die den Vatikan anerkennen? Nein! Der Islam hat keinen Klerus und die Gründung eines solchen ist strikt verboten. Ein Schiedsspruch, der ausschließlich auf einem religiösen Rechtssystem wie der islamischen Scharia basiert, welche sehr unterschiedlich und subjektiv ausgelegt wird – auch unter Muslimen – und nicht auf dem österreichischen oder einem vergleichbaren staatlichen Rechtssystem, fällt nicht unter den Schutz der ZPO. Die Anwendung dieses Paragrafen auf religiös fundierte Vereinbarungen mit einem wirtschaftlichen Streitwert von rund 320.000 Euro öffnet der Etablierung einer Paralleljustiz Tür und Tor.
3. Internationale Rechtslage – EGMR-Urteil als Maßstab
Die oben zitierte EGMR-Entscheidung vom 13. Februar 2003 hat klargestellt, dass die Einführung religiöser Rechtssysteme in europäischen Staaten gegen die EMRK verstößt. Die Anerkennung eines auf der Scharia basierenden Schiedsspruchs wäre ein gefährlicher Präzedenzfall und würde sowohl dem österreichischen Verfassungsrecht als auch der Charta der Grundrechte der Europäischen Union widersprechen.(Der EGMR stellte in der Entscheidung vom 13. Februar 2003 ( Bsw 41340/98, 41342/98, 41343/98, 41344/98) unmissverständlich klar:
„Die Einführung verschiedener Rechtssysteme kann nicht als vereinbar mit der Europäischen Menschenrechtskonvention betrachtet werden. Überdies würde es dem Diskriminierungsverbot des Art. 14 EMRK widersprechen. Die Scharia ist unvereinbar mit den grundlegenden Prinzipien der Demokratie, die in der Konvention festgeschrieben sind. Die Freiheit der Religionsausübung ist in erster Linie eine Angelegenheit des Gewissens jedes Einzelnen. Die Sphäre des individuellen Gewissens ist grundlegend verschieden von der des Privatrechts, welches die Organisation und das Funktionieren der Gesellschaft als Ganzes betrifft.“
4. Verstoß gegen das österreichische Verfassungsrecht
Die Anwendung eines religiösen Rechtssystems im staatlichen Rechtssystem verletzt das im österreichischen Verfassungsrecht verankerte Prinzip der Trennung von Staat und Religion. Die Anerkennung des Schiedsspruchs würde somit gegen die verfassungsmäßige Ordnung verstoßen. Die österreichische Bundesverfassung garantiert jedoch die Trennung von Staat und Religion sowie die demokratische und rechtsstaatliche Ordnung. Die Anerkennung eines auf der Scharia basierenden Schiedsspruchs des Landesgerichts Wien verletzt dieses Grundprinzip und führt zu einer unerlaubten Paralleljustiz, die das Vertrauen in das staatliche Rechtssystem untergräbt.
Dies könnte eine gefährliche Präzedenzbildung in Österreich und damit in der EU begünstigen und die Etablierung einer Paralleljustiz fördern.
Schlussfolgerung der TKG: Aus den oben genannten Gründen ist die Anerkennung des vorliegenden Schiedsspruchs nicht mit der österreichischen Rechtsordnung vereinbar und verletzt grundlegende verfassungsrechtliche und menschenrechtliche Prinzipien. Wir wünschen daher die Aufhebung des Schiedsspruchs gemäß § 611 Abs. 2 Z 8 ZPO.
Fazit Wunsch der TKG : Hiermit wünschen wir, den Schiedsspruch vom 2. Mai 2025 (Az. 47 R 65/25v, 47 R 66/25s) gemäß § 611 Abs. 2 Z 8 ZPO aufzuheben und nicht anzuerkennen.
Wünschen darf man in Österreich schließlich alles!
Türkische Kulturgemeinde in Österreich (TKG Think Tank)
Quellen>
20.08.2025: Empörung über Schiedsspruch zu Scharia-Recht – KroneZeitung
19.08.2025
Mein Bezirk: Nach LG-Urteil – ÖVP will Anwendung von Scharia-Regeln künftig verhindern
Türkische Kulturgemeinde gegen das Urteil
Marchetti ist jedoch nicht der Einzige, der mit dem Urteil alles andere als einverstanden ist. Die Türkische Kulturgemeinde (TGK) sprach sich in einer Aussendung ebenfalls gegen die Entscheidung des Wiener Landesgerichts, die „Scharia de facto als Gesetz anzuerkennen“ aus. Sie hoben hervor, dass die Einführung zweier verschiedener Rechtssysteme in Europa verboten ist – belegt durch eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte aus dem Jahre 2003. Die TKG fordert nun, dass religiöse Themen in sämtlichen Bereichen – sowohl auf nationaler als auch internationaler Ebene – aus Normen-Entstehungsprozessen herausgehalten werden, um zu verhindern, dass der EU-Grundsatz der Trennung von Kirche und Staat umgangen wird.
Krone: Schiedsspruch nach Scharia – Wiener Urteil empört
Türkische Kulturgemeinde gegen Entscheidung
Auch von der Türkischen Kulturgemeinde in Österreich (TKG) kommt Kritik. „Als Muslime in der EU beziehungsweise in unserem neuen Heimatland Österreich müssen wir die Verfassung und Gesetze nicht nur respektieren, sondern bei einer solchen Vereinbarung in der Höhe von 320.000 Euro lieber einen Anwalt und Notar hinzuziehen“, heißt es dort.
https://www.krone.at/3873139
ORF 2 ZIB 2, 19.08.2025
ORF 2 ZIB 2, 19.08.2025
Deutschlandsfunk: Urteil Wiener Richter zur teilweisen Akzeptanz islamischen Rechts hat teils massive Kritik in der österreichischen Politik ausgelöst
https://www.kosmo.at/plakolm-packt-aus-scharia-hat-mit-oesterreich-nichts-am-hut/
18.08.2025
Türkische Kulturgemeindeprotestiert gegen Wiener Scharia-Urteil – Exxpress | ||
320.000 Euro: Scharia-Urteil in Österreich sorgt für Aufsehen – 5 Minuten
Auch die Türkische Kulturgemeinde in Österreich ist damit nicht einverstanden. „Wir möchten darauf hinweisen, dass das ‚Scharia-Recht‘, egal in …
|
||
Der TKG protestiert gegen die Entscheidung des Wiener Landesgerichts, die Scharia de …
Türkische Kulturgemeinde in Österreich. PRESSROOM. Rückfragen & Kontakt. Türkische Kulturgemeinde in Österreich (TKG-Think Tank) Dr Melissa Günes E …
|
||
Wirbel um Schiedsspruch nach Scharia – Oberösterreichische Nachrichten Oberösterreichische Nachrichten WIEN. Wiener Landesgericht bestätigte, Schiedsspruch sei rechtmäßig zustande gekommen, FPÖ und türkische Kulturgemeinde kritisieren Entscheidung . |