Wir kommen den Bitten um Beantwortung nun gerne nach, möchten aber vorab Folgendes betonen: Wir sind weder ein politischer, noch ein religiöser Vertreter. Es geht hier um sachliche, fundiert argumentiere Kritik mit profunden nüchternen Wissensvermittlung und nicht um rüde Anwürfe und pauschale Verunglimpfungen.
von Birol Kilic
(Erste Veröffentlichung-2010)- Aktualisiert
Ein Aufklärungsversuch
Mündigkeit, Unmündigkeit, Entmündigung!
Der Begriff Mündigkeit beschreibt das innere und äußere Vermögen zur Selbstbestimmung und Eigenverantwortung. Mündigkeit ist ein Zustand der Unabhängigkeit. Sie besagt, dass man für sich selbst sprechen und sorgen kann.
Als Österreicher mit einer Überzeugung für eine säkulare Lebenseinstellung trete ich für uneingeschränkte Meinungsfreiheit ein und spreche mich grundsätzlich nicht gegen Kleidervorschriften aus. Aber ich bin gegen den Vollschleier, da der Vollschleier (Burka, Niqab) für uns ein Zeichen von Entmündigung ist und für ein abwertendes Frauenbild steht. Die Entmündigung wurde in Österreich 1984 und in Deutschland 1992 abgeschafft.
Seit Immanuel Kant hat der Begriff Mündigkeit eine geschichtsphilosophische Bedeutung. In seinem berühmten Text über die Beantwortung der Frage: Was ist Aufklärung? von 1784 schreibt Kant:
„Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit. Unmündigkeit ist das Unvermögen, sich seines Verstandes ohne Leitung eines anderen zu bedienen. Selbstverschuldet ist diese Unmündigkeit, wenn die Ursache derselben nicht am Mangel des Verstandes, sondern der Entschließung und des Mutes liegt, sich seiner ohne Leitung eines anderen zu bedienen. ‚Sapere aude! Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!‘ ist also der Wahlspruch der Aufklärung. Dass die Menschen in Religionsdingen sich ihres eigenen Verstandes ohne Leitung eines Anderen sicher und gut zu bedienen, daran fehlt noch sehr viel.“
Hier sollten wir doppelt aufpassen. Weil die Aufklärung („Aydinlanma“ auf Türkisch) den Prozess des Erwachsenwerdens von der Unmündigkeit zur Mündigkeit auf die allgemeine Menschheitsgeschichte projiziert. Der Begriff der Mündigkeit dient als ein zentrales Instrument der Legitimation dazu, Geschichte als Fortschritt zu begreifen. So die allgemeinen Erklärungen..
Was sagen die Fotos aus Wien? Sie verwenden 21. Jahrhundert Technologie sehr penibel
Was sagt EGMR?
Laut vielen Berichten hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in einem europaweit maßgeblichen Urteil das Verbot des Ganzkörperschleiers in Frankreich gebilligt. Die Richter wiesen in Straßburg die Beschwerde einer französischen Muslimin in allen Punkten zurück. Das Verbot sei keine Diskriminierung, es verstoße nicht gegen den Schutz des Privatlebens und auch nicht gegen die Meinungs- und Religionsfreiheit, hieß es zur Begründung.
Noch dazu: Niqab und Burka sind nicht durch den Koran gedeckt (siehe unten), sondern ein regionaler Brauch, der nicht durch die Glaubensfreiheit geschützt wird. Für die TKG bedeutet Toleranz nicht, alles anzuerkennen, was von außen an eine Gesellschaft herangetragen wird. Der weltoffene, säkulare-freiheitlich-pluralistische Staat hat die Aufgabe und Ziel hier eigene Maßstäbe zu setzen und zu verteidigen.
Allerdings lassen wir Meinungen, die auf die (politische) Instrumentalisierung von bestimmten Kleidungsstücken in Österreich bzw. in der EU abzielen, nicht gelten. „Vollschleier wie Burka und Niqab gehören nicht nach Europa. Sie stellen eine Kampfansage an die Werte der Aufklärung dar und sie degradieren Frauen zu Objekten männlicher Verfügungsgewalt,“ oder ähnliches schreiben viele Kommentatoren seit Jahr und Tag.
Wir müssen Aufklären
„Jede Religion aber muss sich den Ansprüchen der prüfenden, kritisierenden, forschenden Vernunft unterwerfen“
Die Anwort warum wir Aufklären müssen gibt Konrad Paul Liessmann Professor am Institut für Philosophie der Universität Wien (Die Praxis der Unbildung-Zsolnay Verlag, 2014 ) mit den folgenden Worten:
„Untrennbar ist dieser Begriff -Aufklärung- an die Metapher des Lichts und damit des Sehens gebunden, es geht um die Herstellung von Verhältnissen, in der alles Dunkle, Verborgene, Falsche, Verdüsterte, aber auch jeder falsche Schein, jedes Blendwerk, jede Täuschung, jede Illusion ihrer Unwahrheit überführt wird. Aufklärung tut nur dort not, wo die Gedanken und Sinne der Menschen vernebelt sind, wo an angeblich unumstößliche Wahrheiten geglaubt werden muss und vermeintliche Gewissheiten oktroyiert werden. Aufklärung setzt demgegenüber darauf, dass Wahrheitsansprüche, Weltdeutungen, moralische Einstellungen und politische Überzeugungen kritisch überprüft und aus Vernunftgründen einsichtig, zumindest plausibel gemacht werden müssen. Jede Religion aber muss sich den Ansprüchen der prüfenden, kritisierenden, forschenden Vernunft unterwerfen. Es ist ein grobes Missverständnis, dass die Vernunft gegenüber Glaubenswahrheiten tolerant sein muss; die Vernunft hat nichts zu dulden, was ihren Ansprüchen nicht genügt. Wären die Aufklärer und Religionskritiker, von Voltaire über Feuerbach bis zu Marx, Nietzsche und Freud ähnlich wie wir von der Besorgnis getragen gewesen, nur ja keine religiösen Gefühle zu verletzen, hätte es keine Aufklärung, keine Menschenrechte, keine moderne Lebenswelt gegeben.“
Nur zur Sache!
Der Textbefund in der Bibel und im Koran?
Während im Alten und Neuen Testament das Kopftuch verpflichtend vorgeschrieben wird, kommt im Koran das Wort „Kopftuch“ nicht einmal vor, allenfalls das „Tuch“.
Der Koran meint mit „Tuch“ aber kein Kopftuch, sondern ein Tuch, das den Frauen als Schmuck dienen und ihre sexuellen Körperstellen (Scham) verhüllen soll (siehe die Suren, die wir in deutscher Sprache unten angegeben haben).
Wenn im Islam die einzig verbindliche, als wahr vorausgesetzte Quelle der Koran (wo die verbindliche Gebote und Verbote abgeleitet werden) ist und das Wort „Tuch“ im Koran in lediglich drei Versen tatsächlich vorkommt, nicht aber das Wort „Kopftuch“, werfen sich berechtigte Fragen auf. Warum ist Kopftuch-tragen dann ein Gebot im Islam?
Warum stellen wir die Frage? Damit wir hier nicht unter dem Vorwand der Religionsfreiheit betrogen, manipuliert bzw. ausgebeutet werden.
„Koran lehnt Schirk (širk = Beigesellung), Ausbeutung und Manipulation ab!“
Die unverzeihbare Sünde- Schirk (širk = Beigesellung)
“ Am 16. Februar 2017 veröffentlichte der Mufti der Glaubensgemeinschaft ein Fatwa (religiöses Rechtsurteil) zur Stellung des Kopftuches bzw der Verhüllung im Islam. Dieses autoritäre aber nicht bindende Fatwa erfordert eine tiefgreifende Stellungnahme in Österreich und eine dringend notwendige inner-islamische Debatte, wie die MuslimInnen ihre Religion hier und heute verstehen. Mir geht es dabei nicht darum, ob die muslimischen Frauen Kopftuch tragen müssen oder nicht. Mir geht es in dieser Frage darum, wie und mit welchen Quellen wir unsere Religiosität in der Gegenwart begründen und was den MuslimInnen als unantastbare Wahrheit geboten wird. In dem Fatwa der Glaubensgemeinschaft wird das Kopftuch mit den vier Rechtsschulen des sunnitischen Islams begründet. Dabei werden auf gegenwartsorientierte Selbstdeutungen des Korans verzichtet und auf die Deutungen aus dem 8. und 9. Jahrhundert zurückgegriffen und deren Deutungen als farḍ (absolute Pflicht) bezeichnet. Damit werden die Meinungen der Rechtswissenschaftler und die göttlichen Aussagen auf eine gleiche Ebene gestellt.
Oder anders formuliert, es werden den Meinungen unzweifelhaft göttliche Eingebungen zugeschrieben, obwohl der Koran sehr ausdrücklich solche Zuschreibungen Schirk (širk = Beigesellung) als die unverzeihbare Sünde ablehnt (Koran: 9:31).
Dieses Recht stand noch nicht einmal dem Propheten zu, etwas als erlaubt oder verboten zu erklären (Koran: 66:1).
Wenn man die Meinungen solcher Gelehrten aus einem Kontext herausnimmt und unüberlegt in die Gegenwart überträgt, legitimieren wir die Gewalt und Unterdrückung der Selbstbestimmung der Menschen. Wenn wir hier als Beispiel nur einem Wissenschaftler des 9. Jahrhunderts, der in diesem Fatwa erwähnt wird, nämlich Imam Schāfiʿī Folge leisten, dann sollten wir seiner Meinung nach alle MuslimInnen töten, die das Gebet nicht verrichten. Ähnlich denkt auch ein anderer Gelehrter namens Imam Aḥmad Ibn Muḥammad Ibn Ḥanbal, der nicht nur die Tötung, sondern auch das Foltern von nicht betenden MuslimInnen befürwortet. Nach diesem Geist sind die Frauen sogar verpflichtet Niqab (Gesichtsschleier) zu tragen. Dazu schreibt der IGGiÖ-Mufti: „Dazu zählt auch die Freiheit der Minderheitenmeinung (Hanbaliten und ein Teil der Schafiiten) zu folgen, die auch die Gesichtsbedeckung als religiös geboten (farḍ) erachtet.
Dabei nimmt die IGGiÖ überhaupt keinen Bezug darauf, welche Folgen diese Pflicht für die Gesellschaft und die Frau selbst haben könnte. Bemerkenswert finde ich auch den Umgang mit den Hadithwerken von al-Buḫārī oder Muslim, welche mit gleicher hochergebener und gehorsamster Andacht vom IS oder anderen radikalen Gruppen salbungsvoll zitiert werden. Hier geht es nicht um die Ablehnung dieser Werke, sondern darum, mit welcher Autonomie die MuslimInnen damit umgehen! Die blinde Kadavergehorsamkeit diesen Werken gegenüber verursacht viel Gewalt und Verachtung. In Anbetracht dieser Fakten können solche Aussagen niemanden mehr überzeugen, vor allem, dass alles was der IS macht, mit dem Islam nichts zu tun hätte. Und trotzdem versuchen wir dann aber mit gleichen unkritischen und unaufmerksamen Argumenten den Alltag der MuslimInnen zu definieren“ ( Prof. Dr. Ednan Aslan -Institut für Islamisch-theologische Studien -Uni Wien)
Das wollen wir nicht. Deswegen sachliche Aufklärung!
Auf einer kurzen geschichtliche Spurensuche wollen wir sowohl das Alte als auch das Neue Testament im Vergleich zum Koran unter die Lupe nehmen.
1) Suren 24 Vers 31
2) Suren 24 Vers 60
3) Sure 33 Vers 59
Wir wollen klären, inwiefern und ob überhaupt das Kopftuch seine Legitimation/Gebot aus den besagten 3 Versen des Korans, nämlich den immer zitierten Suren 24 Vers 31, und 60 sowie aus der Sure 33 Vers 59 beziehen kann. Außerdem möchten wir etwas detaillierter auf das Kopftuch sowie ganz allgemein auf jene religiöse und sittliche Konventionen semitischer Religionen eingehen, die den Islam zu Zwecken der Propaganda, Hetze und Unterdrückung in Österreich und auch in der EU bzw. in der Welt missbrauchen.
Woher stammt das Kopftuch? Seit wann wird es getragen? Inwiefern handelt es sich beim Tragen eines Kopftuches um eine religiöse, spirituelle oder gesellschaftliche Konvention? Wo ist eine Verpflichtung zum Tragen eines Kopftuches im Koran festgeschrieben? Welchen Bedeutungswandel erfuhr das Kopftuch über die Jahrhunderte?
Wie bereits erwähnt, gibt der Koran, die verbindliche Hauptquelle des Islams, keine Auskunft über diese Fragen. Für eine ideologischen Anspruch ist er also untauglich – leider sehen das nicht alle islamische Exegeten so.
Er besteht aus 114 Suren, die man auch Kapitel nennt. Jede Sure hat drei bis 300 Verse. Die Gesamtzahl der Verse im Koran beläuft sich auf 6263. In drei Versen findet sich zwar die Formulierung „den Körper bedecken“ (Sure 24 Vers 31 und 60, Sure 33 Vers 59), das Wort „Kopftuch“ selbst wird in diesen drei Versen aber gar nicht erwähnt.
Anders in der Bibel: Sowohl im Alten, als auch im Neuen Testament, wird das Kopftuch nicht nur erwähnt, sondern den Frauen sogar vorgeschrieben (vgl. Paulus, 1. Korintherbrief 11,6).
In den vergangenen Jahren wurde berichtet, dass die medizinische Universität Graz ihren Studierenden die Vollverschleierung verbietet.
Gemäß einer Erhebung der EU-Grundrechtsagentur vom vergangenen Jahr, tragen in Österreich 64% und in Deutschland 27% aller Frauen mit türkischer Abstammung ein Kopftuch.
Es stellt sich die Frage, ob es sich bei islamischen Kopftüchern um ein religiöses Gebot handelt (dann müsste dieses allerdings im Koran stehen) oder ob wir es viel mehr mit einem historisch gewachsenen, politisch-religiösen Phänomen zu tun haben, das sich auf den Einfluss politischer und kultureller Traditionen zurückführen lässt. Da das Kpftuch aber nicht im Koran erwähnt wird, kann es auch nicht ein Gebot dazu geben.
Das häufig angeführte Argument, das Kopftuch solle „vor den Blicken der Männer schützen“, erscheint in unserer aufgeklärten Zeit jedenfalls vielen Leuten absurd und selbst im traditionell-historischen Kontext nicht als ganz stimmig…
Die Befürworter des Kopftuches leiten ihre wahrgenommene Verpflichtung zur Verhüllung dennoch aus dem Koran ab. Es empfiehlt sich daher, Ihnen jene Suren und Versen des Korans entgegenzuhalten, auf die sie sich selbst berufen:
In 3 Suren kommt ein „Tuch“, aber kein „Kopftuch“ vor:
Koran (Sure 24, Vers 31)
Und sprich zu den gläubigen Frauen, sie sollen ihre Blicke senken und ihre Scham bewahren, ihren Schmuck [d. h. die Körperteile, an denen sie Schmuck tragen; der Übers.] nicht offen zeigen, mit Ausnahme dessen, was sonst sichtbar ist. Sie sollen ihren Schleier auf den Kleiderausschnitt schlagen und ihren Schmuck nicht offen zeigen, es sei denn ihren Ehegatten, ihren Vätern, den Vätern ihrer Ehegatten, ihren Söhnen, den Söhnen ihrer Ehegatten, ihren Brüdern, den Söhnen ihrer Brüder und den Söhnen ihrer Schwestern, ihren Frauen, denen, die ihre rechte Hand besitzt, den männlichen Gefolgsleuten, die keinen Trieb mehr haben, den Kindern, die die Blöße der Frauen nicht beachten. Sie sollen ihre Füße nicht aneinanderschlagen, damit man gewahr wird, was für einen Schmuck sie verborgen tragen. Bekehrt euch allesamt zu Gott, ihr Gläubigen, auf dass es euch wohl ergehe.
[„Schmuck“ wird häufig auch übersetzt mit „Reize“; „Kleiderausschnitt“ wird häufig auch übersetzt mit „Busen“]
Koran, (Sure 24, Vers 60)
Und für die unter den Frauen, die sich zur Ruhe gesetzt haben und nicht mehr zu heiraten hoffen, ist es kein Vergehen wenn sie ihre Kleider ablegen, ohne dass sie jedoch den Schmuck zur Schau stellen. Und besser wäre es für sie, dass sie sich dessen enthalten. Und Gott hört und weiß alles.
Koran (Sure 33, Vers 59)
O Prophet, sag deinen Gattinnen und deinen Töchtern und den Frauen der Gläubigen, sie sollen etwas von ihrem Überwurf über sich herunter ziehen. Das bewirkt eher, dass sie erkannt und dass sie nicht belästigt werden. Und Gott ist voller Vergebung und barmherzig.
(Quelle: Der Koran. Übersetzung von Adel Theodor Khoury. Unter Mitwirkung von Muhammad Salim Abdullah. Mit einem Geleitwort von Inamullah Khan, Generalsekretär des Islamischen Weltkongresses. Gütersloh, 2. durchgesehene Auflage 1992)
Bei Betrachtung der oben angeführten Zitate sieht man, dass das Wort „Tuch“ (Überwurf, Schleier, Kleider) vorkommt, aber nicht das Wort „Kopftuch“ als solches.
In der Türkei wurden vor 36 Jahren das Kopftuch und der Schleier absichtlich politisiert.
Bis vor 40 Jahren diskutierte fast niemand in der Türkei so ernsthaft über das Kopftuch. Das Tragen des Kopftuches war staatlich seit den 20er-Jahren verboten. Erst durch den Militärputsch vom 12. September 1980 und die darauffolgende Politisierung des Kopftuchs durch manche Gruppen aus Saudi Arabien, Katar und Ägypten, die die Religion für ihre politischen Interessen ausnützten, wurde es zu einem heiklen Propagandainstrument. Das Thema „Kopftuch“ wurde mit den „Migranten“ (Politischen Islam-Vereine-Parteien eigentlich) nach Europa importiert und sorgt hier für heftige Diskussionen, auch innerhalb der Migrationsgruppen.
Die türkischen Erfahrungen sollten in Österreich, Deutschland und in der EU nicht wiederholt werden. Schließlich ist offensichtlich, dass im Islam nach den Versen und Suren keine Verpflichtung zum Tragen eines Kopftuchs besteht – auch wenn das von einigen Gruppen behauptet wird.
Das „Zeitalter der Ignoranz“, welches vor dem Koran sicher vorherrschte, dürfte sich vielmehr im Bezug auf die geringschätzende Haltung gegenüber Frauen speziell in jenen Versen reflektieren, die die Verschleierung betreffen: Zahlreiche Verunglimpfungen und Aussagen der Diffamierungs-Bande, die auch der Ehefrau des Propheten Verleumdung vorwarfen, zeugen davon.
Dementsprechend wurden diese Verse zugunsten der Männer interpretiert. Wenn man allerdings das gesamte Sinngefüge des Korans analysiert, sieht man, dass Frauen durchaus ein gleichwertiger Status wie den Männern zuerkannt wird:
Den Frauen wird empfohlen (Sure 24, Vers 31), dass sie im gesellschaftlichen Leben mit den Männern zusammenleben und in solch einer Arbeitsatmosphäre sowohl in deren Beziehungen untereinander als auch in deren Verhaltensmustern und angemessenen Auftreten freundlich sein sollen und übertriebenes vermeiden sollen.
Die Fortführung desselben Verses erklärt sowohl, dass im Kreis der Familie und Verwandten der Schleier kein Muss ist, als auch dass die Frauen sich frei bewegen können.
Von einem „Kopftuch“ ist, wie in allen anderen Versen des Korans, keine Rede.
Auch bei der türkischen Übersetzung des Korans werden Sie das Wort „Basörtü“ für Kopftuch nicht finden.
Es gibt viele Übersetzungen, die das tun. Wir halten diese Übersetzungen aber für unseriös und ideologisch gefärbt.
„Bas“ bedeutet auf Türkisch Kopf und „Örtü“ bedeutet auf Türkisch „Tuch“.
Das Basörtü wäre also das Kopftuch.
So findet man bei fast allen Auslegungen und Übersetzungen des Korans sowohl in türkischer, als auch in deutscher Sprache die Übersetzung „Kopftuch“.
Aber in Wahrheit bedeutet das arabische Wort „Himar“, das in diesem Vers ausdrücklich erwähnt wird nicht „den Kopf bedecken“, sondern nur „bedecken“. Der Teufel liegt hier im Detail! Der Leser unterliegt also rasch den demagogischen Übersetzungsspielereien. Es sind Taschenspielertricks, mit denen die Gläubigen hinters Licht geführt werden.
Falls im Koran überhaupt etwas explizit bedeckt werden soll, würde es auch erwähnt werden.
Das ist aber nicht der Fall. Die theologische Begründung der islamischen Gelehrten für das Gebot zum Tragen eines Kopftuches wird in erster Linie auf die religiöse Intoleranz von Mohammed und dem Koran zurückgeführt.
Die Sure 24,31 ruft die Frauen dazu auf, ihre Reize vor den Männern zu verbergen, aber nicht den Kopf zu bedecken.
Das steht schwarz auf weiß im Koran: Sure 24 Vers 30 und 31, Sure 33,59.
Bei Übersetzungen wird aber in der Regel mit Klammerausdrücken versucht, den Koran willkürlich zu interpretieren. Dieser fatalen Praxis der willkürlichen Interpretation ist dringend Einhalt zu gebieten: Wir müssen bei den Fakten bleiben. Persönliche und gesellschaftliche Ansichten dürfen in Interpretationen genauso wenig einfließen wie tradierte kulturelle Aspekte.
Wir möchten unsere Ausführungen noch mit einem konkreten Beispiel veranschaulichen: Wenn man das Wort „Bettdecke“ verwendet, benützt man neben dem Wort „decken“ auch das Wort „Bett“, um zu betonen, was genau bedeckt werden soll oder wofür der Gegenstand gebraucht wird. Gemäß dieser Logik müsste für den Begriff „Kopftuch“ neben dem Begriff „bedecken“ auch das Wort „Kopf“ vorkommen.
Das im Vers erwähnte Betonungswort neben dem Wort „Himar/Bedeckung“ ist „Cuyub“, welches aus dem Arabischen ins Deutsche übersetzt „Brust“ oder „Kragen“ bedeutet.
Dasselbe Wort „Cuyub“ wird auch in einem anderen Vers im Koran erwähnt, nämlich Sure 28, Vers 32, wo das Wort im Kontext „Er legte seine Hand auf die Brust/den Kragen von Moses“ gebraucht wird.
Also wenn das Wort „Cuyub“ mit dem Wort „himar/bedecken“ kombiniert wird, bedeutet „bihimürihinne ala cuyubihinne“ nicht „den Kopf bedecken“, sondern „die Brust bedecken“.
Fast alle traditionellen Auslegungen des Korans analysieren diese Verse nicht in einem wissenschaftlichen Zusammenhang, sondern deuten das Ganze mit einem Satz wie „Sie sollen ihre Kopftücher bis zu deren Kragen bedecken“, in dem sie auch das Wort „felyedribne“ als „sie sollen bedecken“ verwenden.
Diese traditionellen Islam-Auslegungen schaffen für den politisierten und traditionellen Islam einen festen, scheinbar unverrückbaren Boden.
Sie interpretieren dasselbe Wort, welches aus dem Wort „Darabe“ stammt, als „sie sollen ihre Kopftücher….. bedecken“, wobei sie dasselbe Wort in einem anderen Sure im Zusammenhang „Ihr sollt eure Frauen schlagen“ (siehe: Sure Nisa, Vers 34) verwenden.
Um es auf den Punkt zu bringen: Obwohl der arabische Originaltext des Korans keinen Bezug auf das Kopftuch nimmt, wird dieses zum identitätsstiftenden Symbol für traditionelle und politisierte Islam-Anhänger. Als solches steht es immer wieder im Zentrum von Islam-Diskussionen, nicht nur in der Türkei, sondern mittlerweile vermehrt auch in Österreich und anderen europäischen Ländern.
Dabei wird nicht über die wahre, im Koran festgeschriebene Religion Islam debattiert, sondern über eine Religion, die sich als Folge des politisierten Glaubens der traditionellen Nahostkultur begreifen lässt. Sie hat ihren Ursprung in der sumerischen, jüdischen und christlichen Kultur.
Spurensuche: Koptuch
Eigentlich hat das Wort „Kopftuch“ in der Bibel seine Wurzeln (vgl. 1 Kor 11,6): Im Alten und Neuen Testament wird das Kopftuch nicht nur erwähnt, sondern das Tragen des Kopftuchs wird sogar als Pflicht für die Frauen beschrieben.
So heißt es etwa im Brief von Paulus an die Korinther. „Eine Frau aber entehrt ihr Haupt, wenn sie betet oder prophetisch redet, aber dabei ihr Haupt nicht verhüllt […] Sie unterscheidet sich dabei in keinster Weise von dem Geschorenen. Wenn eine Frau das Kopftuch trägt, soll sie sich gleich die Haare abschneiden lassen, aber es ist eine Schande, sich die Haare abschneiden oder gar sich kahl zu scheren zu lassen, dann soll sie sich eben verhüllen. Der Mann darf sein Haupt nicht verhüllen, denn er ist ein Abbild und Abglanz Gottes, aber der Mann stammt nicht von der Frau ab, sondern die Frau vom Mann“.
Erklärung der Schleier der Ordensfrauen
Apropos: Die in der Burka-Debatte angestellten Vergleiche mit Ordensfrauen sind jedenfalls bemerkenswert: „Der Schleier der Ordensfrau ist ein religiöses Symbol, der zum Ausdruck bringt, sich an Gott zu binden. Das Tragen des Schleiers ist eine freie Entscheidung„, hält die Präsidentin der Vereinigung der Frauenorden, Sr. Mayrhofer in der APA-OTS Presseaussendung vom 19.08.2016 nicht umsonst fest.
Paulus und Kopftuch
Während im Koran das Wort Kopftuch nicht vorkommt, wird es im Alten und Neuen Testament verpflichtend vorgeschrieben!
Unser lieber Landsmann, der heilige Paulus (früher Saulus) aus Tarsus/Türkei, ist eine der wichtigsten Persönlichkeiten der frühchristlichen Zeit.
Die ersten Christen waren ja wie Paulus und auch Jesus Christus von jüdischer Herkunft.
Paulus übernahm kulturelle Aspekte aus seiner ehemaligen Religion, dem Judentum.
Wenn wir im sogenannten Alten Testament, Bibel Gen. 24,65 nachlesen, dann sehen wir, woher der kulturelle Aspekt „Verhüllung“ bei den Juden stammt und mit Paulus auch von den Urchristen übernommen wurde: „Und fragte den Knecht: Wer ist der Mann dort, der uns auf dem Feld entgegenkommt? Der Knecht erwiderte: Das ist mein Herr. Da nahm sie (Rebekka) den Schleier und verhüllte sich“. Auch in der Bibel Gen. 38,14 wird über Schleier und Verhüllung geschrieben.
1. Korinther 11,2-16:
„Ich erkenne es lobend an, dass ihr in allen Beziehungen meiner eingedenk seid und an den Weisungen festhaltet, wie ich sie euch gegeben habe.
Wir möchten hier zu bedenken geben, dass das Haupt jedes Mannes Christus ist, das Haupt der Frau aber ist der Mann, und das Haupt Christi ist Gott.
Jeder Mann, der beim Beten oder bei erbaulichen Reden eine Kopfbedeckung trägt, entehrt sein Haupt; jede Frau dagegen, die mit unverhülltem Haupt betet oder erbauliche Reden hält, entehrt ihr Haupt; sie steht dann ja auf völlig gleicher Stufe mit einer Geschorenen (Dirne). Denn wenn eine Frau sich nicht verschleiert, so mag sie sich auch scheren lassen; ist es aber für eine Frau schimpflich, sich das Haar abschneiden oder abscheren zu lassen, so soll sie sich verschleiern. Der Mann dagegen darf das Haupt nicht verhüllt haben, weil er Gottes Ebenbild und Abglanz ist; die Frau aber ist der Abglanz des Mannes. Der Mann stammt ja nicht von der Frau, sondern die Frau vom Mann; auch ist der Mann ja nicht um der Frau Willen geschaffen, sondern die Frau um des Mannes Willen. Deshalb muss die Frau ein Zeichen der Macht auf dem Haupte tragen, um der Engel Willen“ (Menge-Übersetzung).
Sowohl im Alten als auch im Neuen Testament kann man zur „Kopftuchpflicht während des Gebetes“ lesen: 1. Korinther 11,5-6: „Ein Weib aber, das da betet oder weissagt mit unbedecktem Haupt, die schändet ihr Haupt, denn es ist ebenso viel, als wäre es geschoren. Will sie sich nicht bedecken, so schneide man ihr das Haar ab. Nun es aber übel steht, dass ein Weib verschnittenes Haar habe und geschoren sei, so lasset sie das Haupt bedecken.“
Paulus: Die Frau muss ihren ganzen Leib bedecken
Ein außerbiblischer Hinweis ist die Haushaltung Gottes von Jakob Lorber, wo es in dessen Privatoffenbarung heißt (36,37):
„Seht, ihr alle seid gleich, – gleich ihr Männlichen und gleich ihr Weiblichen! Jedoch sollet ihr Weiblichen wohl bedecken eure Schamteile wie auch euren ganzen Leib, und vorzüglich aber euer Haupt, damit durch euer geiles Wesen nicht der Mann zur Unzucht gereizt werde, gleichwie die Schlange lockt durch die große, geheime Lüsternheit ihrer verführerischen Augen das freie Geschlecht der Vögel in die tötende Gefangenschaft ihres giftvollen Rachens; denn ihr Weiber seid zu aller nächst Kinder der Schlange und voll deren Giftes. Daher seid vor allem züchtig wie das Bienenweibchen, das sich nicht getraut mit seinem Wesen ans Licht der Sonne, sondern Tag und Nacht sorglich kriecht über die Zellen seiner harmlosen Kinderchen; so auch solltet ihr sein und gehorsam in allem euren Männern, insoweit es der allerheiligste Wille Gottes erheischt. Jedoch, sollte ein Mann – was nicht zu gedenken sein sollte – euch wider des allerheiligsten Willen Gottes zu etwas zwingen wollen, so soll auch euch gestattet sein, euer Haupt vor dem Manne zu entblößen und selben lieblich zu mahnen an seine Pflichten, hervorgehend aus Gott. Und so ihr alles dieses so genau erfüllen werdet, dann wird der Herr euch mit großen Gnaden überhäufen, und ihr werdet werden zur süßen Augenweide in unendlicher Schönheit des ewigen, heiligen Vaters, ewig und unsterblich.“
Im orthodoxen Judentum bedecken heutzutage verheiratete Frauen ihre Haare aus religiösen Gründen mit einem Kopftuch oder einer Perücke. Bereits die hebräische Bibel, also das Alte Testament, sprach von einer Verschleierung der Frauen. So verschleierte sich Rebekka, die Frau Isaaks nach Gen. 24-51, Gen. 24,65: „Da nahm sie den Schleier und verhüllte sich…“. Natürlich wird nach der modernen Bibelwissenschaft der von Paulus an die Korinther geschriebene Brief 11,5 teilweise als späterer Zusatz angesehen. Wie gezeigt wurde, geht aber aus dem Alten und Neuen Testament klar hervor, dass Kopftuch, Schleier und Verhüllung nicht nur Empfehlungen waren, sondern verpflichtend vorgeschrieben wurden. Heutzutage wird das Kopftuch im Christentum fast nur noch in ländlichen Gegenden, insbesondere in orthodoxen Kirchen sowie von Frauen in mennonitischen bzw. „teuflischen“ Gemeinschaften getragen.
Während im Koran das Wort Kopftuch nicht vorkommt, wird es im Alten und Neuen Testament verpflichtend vorgeschrieben.
Der Koran meint mit „Tuch“ kein Kopftuch, sondern ein Tuch, das den Frauen als Schmuck dient und ihre sexuellen Körperstellen verhüllen soll. In der Geschichte kommt das Kopftuch bereits erstmals bei den Sumerern und somit lange vor dem Judentum vor. Dies fand die die 96 jährige türkische Sumerologin und Historikerin Muazzez Ilmiye Cig heraus. Sie erforschte ihr Leben lang die Kultur und Geschichte der uralten mesopotamischen Zivilisationen. Wie wir in unserer Ausgabe mit der Coverstory „Christentum stammt aus der Türkei?“ kurz schilderten, waren die Sumerer, ein mesopotamisch-südanatolisches Volk, das 3.000 Jahre v. Chr. lebte. Sie waren die ersten, die das Kopftuch als religiös-spirituelles Medium verwendeten.
Nun lassen Sie uns ein bisschen tiefer zum Thema des Vergleichs der heiligen Schrift eingehen, und Ihnen erzählen, inwiefern die heiligen Bücher und Schriften sich voneinander trennen, und wo sie Gemeinsamkeiten aufweisen.
Der Koran wird als die Heilige Schrift des Islam definiert, die gemäß dem Glauben der Muslime die wörtliche Offenbarung Gottes („Allah“) an den islamischen Propheten Mohammed, vermittelt durch den Engel Gabriel, enthält. Kurz und prägnant ausgedrückt, stellt der Koran für die Muslime das Wort Gottes dar.
Im Gegensatz zum Koran ist die Bibel eine Sammlung von 66 Büchern die von verschiedenen Autoren als Bericht bzw. Poesie verfasst und im Laufe der Jahrhunderte zu einer Einheit zusammengefasst wurde (Quelle: Deutsche Bibelgesellschaft).
Den Begriff „Testament“ verstehe ich als eine Art „Bund“, in dem die Beziehung zwischen Gott und den Menschen beschrieben wird.
Die Bibel umfasst 66 Bücher und besteht zu 75% aus Berichten, zu 15% aus Poesie und zu 10% aus Lehrtexten.
Das Alte Testament umfasst 39 Bücher, die in Kapitel und Verse eingeteilt sind. Es wird sowohl von den Juden, als auch von den Christen als Heilige Schrift betrachtet.
Das Alte Testament berichtet von der Erschaffung der Welt und von der Entstehung und Geschichte des Volks Israels.
Das Neue Testament besteht aus 27 Schriften und versteht sich mit der Ankunft des Messias Jesus Christus als Antwort auf das Alte Testament. Es erzählt dessen außergewöhnliches Leben und berichtet von seinen Jüngern sowie von seinen frohen Botschaften, die allen Menschen gelten.
Vier Bücher (Matthäus, Markus, Lukas, Johannes) bezeugen auf unterschiedliche Weise das Leben Jesu, seine Lehre, seine Wunder, seinen Tod am Kreuz und seine Auferstehung: Man nennt sie die „Evangelien“.
Die Evangelisten, die Apostelgeschichte und die Briefe erzählen, wie die Jünger Jesu den Tod ihres Herrn, seine Auferstehung und Himmelfahrt miterlebt haben; sie berichten von den Anfängen der christlichen Gemeinde, von Verfolgungen und Problemen und wie sich die gute Botschaft sehr schnell im Römischen Reich über Kleinasien – der heutigen Türkei – bis nach Athen und Rom ausbreitete. Einige Stellen lassen die Konflikte deutlich werden, die sich ergeben mussten, wenn die stregen jüdischen Regeln, die auch die jüdischen Urchristen einhalten wollten, nun auf die nicht-jüdische heidnische Kultur trafen. Schon damals kam es dabei zu Diskussionen unter den Aposteln und Paulus.
Wir müssen hier sehen, dass der Koran – anders als die Bibel – direkt als Gotteswort konzipiert ist, das Alte und Neue Testament hingegen in Form von Berichten und Poesien verfasst ist, in die die Worte Gottes eingeflochten sind. Der Koran ist also eine Privatoffenbarung an eine einzelne Person. Die Worte wurden – ähnlich wie bei der Johannes-Apokalypse – von einem Engel überbracht oder eingeben.
Ein Vers in der Bibel ergibt nur dann einen Sinn, wenn er im Zusammenhang mit dem ganzen Text betrachtet wird. Dies ist vor allem dann wichtig, wenn man die Bibel einfach an einer beliebigen Stelle aufschlägt. Natürlich sind manche Abschnitte der Bibel schwer zu verstehen, weil viele Jahrhunderte zwischen damals und heute vergangen sind und wir die beschriebenen Bräuche und das Umfeld als fremd empfinden.
Auf der anderen Seite wurde der Koran, der aus 114 Kapitel (Suren) und 6.243 Versen als Gotteswort besteht, auf ein Ereignis hin offenbart, um eine bestimmte Idee zu verdeutlichen. Man muss den historischen Kontext und die damaligen politischen Umstände kennen, um ihn richtig zu interpretieren.
Man muss den Koran aus den Gegebenheiten der Zeit heraus sehen.
Das evangelische Institut für Islamfragen ist ein Netzwerk von Islamwissenschaftlern und wird von den Evangelischen Allianzen in Deutschland, in Österreich und in der Schweiz getragen.
Frau Dr. Christine Schirrmacher schreibt in ihrem Prolog folgende Sätze:
„Heute ist unter Muslimen die Auffassung, dass der Text der Bibel verfälscht worden ist, längst Allgemeingut. Man geht davon aus, dass sowohl das Alte als auch das Neue Testament ursprünglich wahre Offenbarungen Gottes waren, im Laufe der Zeit jedoch von Menschen verändert und verfälscht wurden. Andere Bezeichnungen von früher zu den Menschen gesandten Schriften sind präziser. So nennt der Koran sowohl die Tora (arab. taurâh) als auch das Evangelium (arab. injîl) beim Namen. Das Evangelium wird insgesamt zwölfmal im Koran erwähnt. Was meint allerdings der Koran mit dem Evangelium? Letztlich bleibt unklar, ob er damit vor allem die Erzählungen von Jesus meint oder eines der vier Evangelien, alle vier Evangelien zusammen oder etwa das ganze Neue Testament. Interessanterweise wird im Koran der Wert früher überlieferter Bücher wie auch des überlieferten Evangeliums zu Beginn von Muhammads Offenbarungen nirgends grundsätzlich in Frage gestellt, sondern vielmehr positiv hervorgehoben. Erst später taucht im Koran der pauschale Vorwurf der Schriftverfälschung auf.“
Die Sumerelogin Frau Prof. Dr. Cig beschrieb folgende Bedeutungen des Kopftuchs:
„In der polytheistischen Religion der Sumerer war es eine heilige Ehre für willige Frauen, zu den Göttern in ihren Tempeln zu beten und zu danken, indem sie als Braut der Götter zu einer `öffentlichen Frau` wurden. Damit man sie von anderen Beterinnen unterscheiden konnte, mussten sie ihren Kopf bedecken. Viel später – erst ca. 1600 v. Chr.- führte ein assyrischer König die Kopfbedeckung auch für verheiratete und verwitwete Frauen ein. So bekamen diese Frauen den gleichen Status wie die `öffentlichen Frauen`, die legal Geschlechtsverkehr haben durften. Später übernahmen diese Tradition die Juden, und danach die Muslime von den Juden. Laut Cig, die viele Werke zum Thema schrieb, tauchte auch der Turban zum ersten Mal bei den Sumerern auf. Er wurde später vom Judentum, Christentum und danach von der arabischer Kultur und somit von Islam übernommen. Frau Cig betonte, dass der Turban eigentlich nichts anderes sei, als eine sumerische Tradition, die später eine enorme göttliche Bedeutung übernommen hätte.„
Jetzt gehen wir zurück zum Thema Kopftuch, und diesmal im Bezug auf dessen Funktionalität und historische Aspekte. Wir fragen uns, was das Kopftuch ist, wozu es dient, seit wann es getragen wird, und inwiefern das Tragen eines Kopftuches eine religiöse, spirituelle oder gesellschaftliche Konvention ist, und wie sich dieses Phänomen im Laufe der Zeit verändert hat, so dass es zu einer der zentralen Fragen bezüglich Religionsfreiheit und Frauenrechte entwickelt geworden ist.
Muazzez Ilmiye Cig, die 96 jährige türkische Sumerologin und Historikerin, hat ihr Leben lang die Kultur und Geschichte der uralten mesopotamischen Zivilisationen erforscht, und herausgefunden, dass das erste Kopftuch in der Geschichte von den Sumerern getragen wurde. Wie wir es in unserer Ausgabe mit der Coverstory „Christentum stammt aus der Türkei?“ auch kurz geschildert hatten, waren es die Sumerer, ein mesopotamisch südanatolisches Volk, das 3.000 Jahre v. Chr. gelebt hat, die ersten, die das Kopftuch als religiös-spirituelles Medium verwendet hatten.
„Der Turban/Kopftuch taucht zum ersten Mal bei den Sumerern auf“, meint die Sumerologin Muazzez Ilmiye Cig. „In der polytheistischen Religion der Sumerer war es eine heilige Ehre für willige Frauen, den Göttern in ihren Tempeln zu beten und zu danken, indem sie als Braut der Götter zu einer ‚öffentlichen Frau‘ (Prostitution) wurden.
Damit man sie von anderen Beterinnen unterscheiden konnte, mussten sie ihren Kopf bedecken.“ Weiters fügt sie hinzu: „Viel später – erst ca. 1600 v. Chr.- führte ein assyrischer König die Kopfbedeckung auch für verheiratete und verwitwete Frauen ein. So bekamen diese Frauen den gleichen Status wie die `öffentlichen Frauen`, die legal Geschlechtsverkehr haben durften. Später übernahmen diese Tradition die Juden, und danach die Muslime von den Juden.“ Laut Cig, die viele Werke über das Thema geschrieben hat, sei der Turban „geboren“ von Sumerern, später vom Judentum, Christentum danach von arabischer Kultur und damit von Islam übernommen. „Eigentlich ist der Turban nichts anderes als eine sumerische Tradition, die später eine enorme göttliche Bedeutung übernommen hat“, so Cig. Nachfolgend ein paar Ausschnitte aus einem Interview mit Frau Prof. Dr. Cig:
Die Sumerer, Tempelwirtschaft und Koptuch
„Als Sumerer bezeichnet man ein Volk, das im Gebiet von Sumer im südlichen Mesopotamien im 3. Jahrtausend v. Chr. lebte.
Die Sumerer gelten derzeit als erstes Volk, das den Schritt zur Hochkultur geleistet hat.
Besonders die Erfindung der Keilschrift, die quasi als eine Urvorlage der heutigen europäischen Schriften gelten kann, gilt als hervorragende Leistung der Sumerer, die zusammen mit der Erfindung der Bürokratie und künstlicher Bewässerung hier ihren Anfang nahm.
Die Herkunft der Sumerer ist bis heute nicht endgültig geklärt. Es gibt in der Wissenschaft zwei Thesen zur Herkunft der Sumerer. Die eine geht davon aus, dass die Sumerer eingewandert sind; dies wird an einer entfernten Ähnlichkeit zu agglutinierenden Sprachen wie Ungarisch, Finnisch und Türkisch festgemacht, deren Ursprung in den Uralsteppen gesehen wird und damit auch die Heimat der Sumerer wäre.
Die Erforschung der sumerischen Kultur erfolgte immer zusammen mit den anderen mesopotamischen Kulturen. Das liegt an der Charakteristik der Ruinenhügel, auch Tells genannt. Die Kulturen des Vorderen Orients pflegten die Orte nach Zerstörung, nach Eroberung, aber auch nach gewissen Zeiten teilweise oder auch vollständig einzuebnen und darauf eine neue Ebene zu erbauen.
Deswegen kommt es vor, wie z. B. in Ninive, dass die obersten Schichten mittelalterliche Ruinen bergen und die unterste Schicht bis in die Zeit 5000 v. Chr. und weiter zurückreicht. Ein wichtiger Punkt in der Geschichte der Sumerer ist die Wirtschaft und speziell die Tempelwirtschaft. So arbeitete nicht jeder für sich alleine auf seinem Feld, sondern er tat es für die Allgemeinheit bzw. für den Tempel, der die Ernte sammelte und verwaltete. Diese Art der Vorratshaltung brachte verwaltungstechnische Probleme mit sich, an dessen Ende für die Sumerer die Erfindung der Schrift stand. In der Assyriologie und Vorderasiatischen Archäologie bezeichnet Tempelwirtschaft unter anderem eine geschichtswissenschaftliche These, dergemäß im sumerischen Mesopotamien jede ökonomische Tätigkeit auf die Tempel ausgerichtet gewesen sei. ( Ursula Seidl: Ein Monument Darius‘ I. aus Babylon, In: Zeitschrift für Assyriologie und Vorderasiatische Archäologie 89 (1999),S. 101–114.)
Frage: „Also, Frau Cig, bitte klären Sie uns einmal über das viel umstrittene Thema auf: Wer bei den Sumerern hat sich wieso bedeckt?“
Cig: Bei den Sumerern hatte jeder Gott ein eigenes Haus, sozusagen einen Tempel. In diesen Tempeln beteten die Menschen ihre Götter an. Es war allerdings nicht vorgeschrieben, was sie für die Götter tun sollten. Alle definierten die Art zu beten für sich selbst und praktizierten ihr eigenes Gebet.
Frage: „Waren diese Tempel also eine Art Häuser eigenen Gewissens?“
Cig: Genau, diese Tempel waren Orte, wo Menschen mit ihrem Gewissen alleine bleiben konnten. Sie waren in ihren Gebeten freier als in den heutigen Moscheen, Kirchen oder Synagogen. Sie sangen oder tanzten, um die Götter zufriedenzustellen. Unter den Betenden waren auch Ordensfrauen. Manche von ihnen wurden eben zu diesen `öffentlichen Frauen`.
Frage: „Was bedeutet das Wort ‚öffentliche Frau‘ genau?“
Cig: Das waren die Frauen, die die Aufgabe hatten, Geschlechtsverkehr zu praktizieren, aber sie waren keine Prostituierten, denn sie verlangten kein Geld. In den Tempeln gab es sogenannte Liebesräume, wo die öffentlichen Frauen den Jugendlichen Sexpraktika beibrachten. Im Gilgamesch-Epos gibt es eindeutige Hinweise darauf. Um dem Mann, der im Wald unter Tieren aufgewachsen ist, Menschlichkeit beizubringen, wurde eine Ordensfrau aus einem Tempel bestellt und sie lernte ihm, wie man spricht, isst und Geschlechtsverkehr hat. Diese öffentlichen Frauen wurden bei den Sumerern als weise Lehrerinnen betrachtet. Während sie dieser heiligen Aufgabe nachgingen, opferten sie sich vollständig im Namen der Götter auf. Eigentlich war die Jungfräulichkeit bei den Sumerern schon ein Thema. Die Tatsache, dass die öffentlichen Frauen trotzdem Geschlechtsverkehr haben durften, zeigt, wie heilig diese Aufgabe wirklich war.
Frage: „Woher weiß man, dass die Jungfräulichkeit ein Thema war?“
Cig: Laut alter Tafeln bekam eine Frau, die vor der Heirat als Jungfrau galt, bei der Scheidung Schadenersatz.
Frage: „Warum trugen die `öffentlichen Frauen` ein Kopftuch?“
Cig: Damit man sie von anderen Ordensfrauen in den Tempeln unterscheiden konnte. Zum Beispiel trugen die Prostituierten auch kein Kopftuch. Das ist das spezielle Symbol der öffentlichen Frauen in den Tempeln und somit das erste Kopftuch in der Geschichte.
Frage: „Wie ging es dann weiter?“
Cig: Viel später führten die Assyrer im 16. Jahrhundert vor Christus plötzlich die Kopfbedeckung für verheiratete und verwitwete Frauen ein. Der Sinn dahinter war, dass man zeigen wollte, dass auch diese Frauen legalen Geschlechtsverkehr haben.
Frage: „Heißt das, dass eine Frau mit Kopftuch sich als Nichtjungfrau geoutet hat?“
Cig: Ja, ganz genau! Aber viele Gläubige missverstehen diese Tatsache. Sie denken, ich würde behaupten, dass die Prostituierten das erste Kopftuch in der Geschichte getragen hätten. Aber weder die öffentlichen Frauen bei den Sumerern noch die verheirateten und verwitweten Frauen bei den Assyrern waren Prostituierte.
Frage: „Also diente das Kopftuch einer Frau eigentlich schon vor tausenden Jahren, d.h. vor dem Islam bzw. Judentum und Christentum, einfach dazu, ihren Status zu zeigen?“
Cig: Das ist auf den Punkt genau was ich sagen möchte. Sogar nicht ich, sondern die Geschichte sagt das. Weder ergänze ich die Tatsachen noch interpretiere ich sie. Ich erzähle nur die wissenschaftlichen Fakten.
Also, wie man sieht, ist das Tragen eines Kopftuches eine ganz alte Tradition des mittleren Osten und des mesopotamischen Raums.
Was die Verhüllung und das Tuch im Islam betrifft, ist es reine Interpretationssache, wie man die oben erwähnte Sure „Nur“ auslegt.
Viele Hermeneutiker, aber auch viele Theologen sind der Meinung, dass mit dem Bedecken von „Scham“ und „Schmuck“ Geschlechtsorgane, Busen etc. gemeint sind, und es gibt weder direkt, noch indirekt einen Hinweis darauf, dass der Kopf der Frau mit einem Tuch voll verschleiert werden soll.
Im geschichtlichen Verlauf wurden aber in fast allen Religionen einige sittliche und gesellschaftliche Konventionen in das heilige Wort Gottes hineininterpretiert. Dadurch blieben gewisse gesellschaftliche Rollen und Positionen und damit Machtverhältnisse erhalten. Es stimmt allerdings nachdenklich, dass sehr alte Auslegungen und Interpretationen, sowie die Interpretationswahrnehmung dritter Personen, die sich mit dem Thema nicht ernsthaft auseinandergesetzt haben, heute zu ungerechtfertigten Belästigungen und politischer Instrumentalisierung führen und in Gestalt der „Kopftuchdebatte“ ein gesellschaftspolitisches Problem konstruieren.
Das größte Gut einer Religion liegt in ihrer Theologie, aber ihr größtes Übel kommt ebenfalls aus ihrer Theologie – wenn sie stagniert. Die Angst vor dem Islam ist vollkommen berechtigt. Im Namen dieser Religion werden die schrecklichsten Verbrechen begangen. Im Namen dieser Religion geschieht derzeit eine ungeheure Barbarei. Wenn die Menschen Angst vor dem Islam haben, so ist das völlig normal. Auch wenn ich kein Muslim wäre, würde ich mich fragen, was das für eine Religion ist, auf die sich Verbrecher berufen. Die Tiefe und die geistige Dimension des Koran wurden verschüttet. Stattdessen hat man millimetergenau nachgeäfft, was eine menschliche Person, nämlich der Prophet, getan haben soll.
Man läuft Gefahr, den Islam auf dem Niveau der damaligen Beduinengesellschaft festzuschreiben und ihn für immer im sechsten Jahrhundert nach Christus festzunageln. Die himmlischen Heerscharen sind nur damit beschäftigt, Bekleidungs- und Nahrungsregeln zu erlassen – wie eine himmlische Hausordnung! Wahrhaftig eine platte, ausgetrocknete Vorstellung von der Religion! In der Welt der Moscheen herrscht oft noch die Dummheit, die Unwissenheit. Niemals ein Wort der Selbstkritik. Niemals! Die ganze Welt hat unrecht, und wir ruhen uns auf unserer kleinen Wahrheit aus. Das zeigt eine Denkfaulheit, wie sie typisch ist für das Ende großer Dynastien. Die Intelligenz der Muslime ist in Ketten gelegt.
Es ist deswegen falsch zu behaupten, wer den Islam angreife, greife die Muslime an. Für den Islamforscher liegt die beste Möglichkeit zur Bekämpfung des Terrorismus darin, „die religiösen Texte und archaischen Interpretationen und Diskurse anzugreifen, die immer noch Terrorismus hervorbringen und ihn rechtfertigen“. (Soheib Bencheikh, EX- Großmufti von Marseille, Zur Zeit)
Wir hoffen, dass alle diese Argumente gerade noch ausreichend sind…
Fazit: Im Koran sucht man das Kopftuch vergeblich! Burka, Burkini, Bushija, Hijap, Chador(Abaya) und Nigab sowieso…
Quellen: Der Koran, Die Bücher der größte islamischer Denker des 20. Jahrhunderts, Muhammed Iqbal (gestorben 1938) und Die Bücher von Prof. Dr. Yasar Öztürk( Alle Bücher), Hasan Hanefi (Agathen), Ali Seitab (Iran), Mehmet Akif (Türkei)